Donnerstag, 18. Juni 2015

Reisebericht von unserer Motorradtour in die Normandie vom 04. bis 12. Juni 2015 – Teil 2



Montag, 08. Juni
Bis jetzt war das Wetter uns wirklich wohlgesonnen. Bis auf den kleinen Schauer am Anfang kein Regen, viel Sonne, angenehme Moto-Temperaturen um die 20 Grad. Der Preis dafür: Wind. Viel Wind. Böen in der Spitze bis 65 km/h wurden heute angekündigt. OK. Heute wollten wir ja „nur“ 180 km fahren und das ziemlich direkt über die Autobahn mit einem kleinen Schlenker über Caen zum Mont-Saint-Michel.

In Caen schauten wir uns zunächst die Burg an und wollten danach noch den Dom besichtigen. Das war nicht einfach. Denn von „unten“ konnten wir den Dom nicht sehen, die Schilder mit den Hinweisen für den Parkplatz waren plötzlich verschwunden und wir ziemlich orientierungslos. Als ich dann schon keinen Bock mehr auf Dom hatte und eigentlich weiter wollte, erschien er plötzlich. Naja, das Hinweisschild zumindest. Also einmal Dom gucken und wieder weiter.


Die Fahrt auf der Autobahn war ganz schön anstrengend. Die Windböen kamen von allen Seiten, und wenn man grade einen LKW überholte, bekam man es gerne mit voller Breitseite ab. Nach gut der Hälfte der Strecke machten wir dann eine Pause an einer Raststätte. Erstmal wieder locker machen. Während S. die Örtlichkeiten aufsuchte beobachtete ich eine irische Familie mit 2 Kindern. Vielleicht 2 und 5 Jahre alt. Die Kinder brüllten. Warum und wieso – keine Ahnung. Aber der Papa war mit den Nerven am Ende und brüllte genauso. Ich machte mir schon ernsthaft Sorgen, als er die Kinder regelrecht in ihre Kindersitze „stopfte“ und dann kam mit herzzerreißendem Schluchzen von dem Größeren der beiden: „I don’t like you, Dad. I wanna go home.“ Ich nehme mal an der Urlaub hatte gerade erst begonnen…

Auch wir machten uns weiter Richtung „Berg“. Diesmal haben wir uns nicht verfahren ;-) und den Weg (dank guter Ausschilderung) auch gleich gefunden. OK – wir haben einen ganz kleinen Umweg gemacht – das war der Weg mit „Blick“. Und siehe da: Am Horizont ragte der Mont-Saint-Michel in ganzer Pracht im Sonnenlicht in den Himmel. Sehr beeindruckend.

Wir fuhren zum Parkplatz am Besucherzentrum. Man darf nicht mehr bis an den Berg heranfahren. Das ganze Gebiet wird renaturiert, weil alles zu versanden drohte. Wer Näheres darüber erfahren möchte, sollte es googlen. Es gibt sehr gute Informationen dazu im Netz.

Natürlich gab es gesonderte Moto-Parkplätze. Gut, diesmal nicht umsonst aber immerhin für die Hälfte. Außerdem ist der Busshuttle zum Berg mit drin und auch das Besucherzentrum ist kostenfrei und verfügt auch über einen sehr ansprechenden Sanitärbereich.

Die Abtei auf dem Berg selbst kostet 9 EUR Eintritt. Das ist noch im Rahmen und der Ausblick von oben wirklich spektakulär. Manchmal kann man auch von dort aus Robben auf der Sandbank sehen. Aber wir hatten das Glück leider nicht.

Es ist sehr interessant. Von weitem sieht der Berg wesentlich spektakulärer aus als aus der Nähe. Er ist beeindruckend – aber von weitem, wenn sich die Silhouette im Sonnenlicht im Meer spiegelt – wow. Vor Ort süße Häuschen, die sich an den Berg schmiegen und in denen das übliche Touri-Gerümpel zu überhöhten Preisen verkauft wird. Wir hatten unser Wasser dabei und essen mochten wir nichts. Und für eine Kugel Eis gebe ich keine 3 Euro aus! Irgendwo ist auch eine Schmerzgrenze erreicht.



Gute 2 ½ Stunden waren wir dort unterwegs und dann machten wir uns auf zu unserer Unterkunft Les Vallees 20 km weiter in St.-Quentin-sur-le-Homme. Ganz am Ortsrand war unser Gästehaus. Mit Esel, Ziegen und einer schönen schwarzen Katze. Auch hier hat man uns umgehend wieder die private Garage für die Übernachtung unserer Motos angeboten. Nur die Zufahrt über die steile Schotterpiste, war mir jetzt nicht so geheuer und so ließen wir sie doch auf dem eigentlichen Hofparkplatz. Außerdem mussten wir ja doch noch mal los, was essen.

St.-Quentin-sur-le-Homme liegt noch in Sichtweite des Mont-Saint-Michel – vom Hügel aus kann man ihn am Horizont sehen. Ist aber auch wieder ein kleines Dorf. Es gibt ein Hotel-Restaurant (welches geschlossen hatte) und – wen überrascht es – eine Pizzeria. Oh nein. Bitte nicht schon wieder Pizza. Letztes Jahr in Sizilien haben wir auch schon jeden Tag Pizza essen müssen, weil alles andere geschlossen hatte.

Aber, als wir von der Autobahn abfuhren, sah ich ein Grill-Restaurant. Also beschlossen wir uns das mal anzuschauen. Vorspeisenbüffet und Steak mit Pommes. War lecker – aber mit Gemüse und Salat haben die es anscheinend nicht so wirklich. Das fehlte mir jetzt schon ein bisschen. So als Beilage. Es gibt ja alles. Die Gemüseabteilung im Supermarkt ist ein Traum, gemessen an Deutschland.

Neben unserem Zimmer war ein Gemeinschaftsraum mit Sofa, TV und Katze ;-). Sie hat mich sehr an meine Katze Sheila erinnert, die ich fast 17 Jahre haben durfte. Sie sah ihr unglaublich ähnlich, bernsteinfarbene Augen und der kleine weiße Fleck am Bauch…
S. war zunächst einmal für die Bespaßung der Katze zuständig, zu mir kam sie dann schmusen. Und so saßen wir einträchtig auf dem Sofa und die Katze ließ sich schlafenderweise von mir den Bauch kraulen.

Dienstag, 09. Juni
Während wir einpackten, kam die Katze zu uns in Zimmer und inspizierte das Gepäck. Das Topcase hatte ihr wohl besonders gut gefallen und auf einmal saß sie drin. Vielleicht wollte sie gerne mitfahren?

Ab jetzt hieß es für uns – es geht zurück. Für diesen Tag hatten wir eine schöne gemütliche Etappe in Richtung Camembert vorgesehen. Camembert ist ein winziger Flecken. Aber es gibt das Camembert Haus und ein Camembert Museum. Und natürlich rundherum gaaaanz viele Kühe. Irgendwo lief dann doch wieder mal was falsch – aber das Ziel des Tages, Vimoutiers, erreichten wir trotzdem – auch wenn das Ziel im Ort erst nach einigen Diskussionen (da lang – nein da lang) gefunden werden konnte ;-)

Es erwartete uns die Domaine de Pasiphae, ein altes Herrenhaus mit einem traumhaften Anwesen und reizenden Gastgebern, die zu unserer Überraschung sogar deutsch sprachen. Man kam ursprünglich aus dem Elsass.
Auch hier wurde mal wieder der Carport für unsere Motos freigeräumt. Das eigene Auto davorgestellt, damit keiner dran kann.
Wir bezogen ein wunderschönes Zimmer – also eigentlich zwei, es gab nämlich ein Wohnzimmer.

Nichtsdestotrotz – wir hatten Hunger. Und ich wollte endlich mal was „echt“ französisches essen. Und vor allem Camembert – schließlich kam der ja von hier. Allerdings war es noch ein bisschen früh. Vor 19 h gibt’s nix. Also bummelten wir durch den Ort, waren bei Aldi und kauften noch Getränke und besichtigten die Kirche. Die Restaurantdichte hielt sich jetzt auch einigermaßen in Grenzen, aber immerhin gab es deren 3, die Menu de Terroir versprachen. Also lokale Küche. Wir entschieden uns für ein Hotel-Restaurant gegenüber des Hotel de Ville. Und ich wurde nicht enttäuscht. Als Vorspeise bekam ich eine normannische Pastete, als Hauptgericht Hähnchenbrust mit Camembertsauce und zum Nachtisch eine Variation vom Camembert. Das war alles sehr lecker. Gekrönt wurde die Schlemmerei noch von einem Gläschen Calvaldos. Während unsere Gastgeberin bereits die Stühle zusammenräumte (wir waren die einzigen Gäste), machten wir uns daran zu zahlen und auf den Heimweg. Es war schon ein bisschen gespenstisch. Wir hatten gerade mal halb neun durch und es war alles zu. Alles. Einschließlich der Sportsbar. Man hätte, wenn man gewollt hätte, nirgendwo hingehen können. Also gingen wir nach Hause und studierten den weiteren Reiseweg auf der Karte. Grobe Richtung Amiens – schau‘n mer mal ;-)

Mittwoch, 10. Juni
Weiter in nordöstlicher Richtung. Heute hatten wir mal alles, auch die Reifen durften mal wieder ein bisschen rundgefahren werden. Und der Kopf war komplett frei. Es war zwischendrin so entspannend, dass ich irgendwann dachte – ist doch egal, ob wir falsch fahren. Lass uns einfach weiterfahren. Immer weiter. Egal wohin.

Aber nun gut. Das sind Wunschträume. Aufwachen.

Natürlich haben wir irgendwann wieder einen anderen, als den geplanten Weg genommen. Aber der war sehr schön und hat uns schließlich auch zu unserem heutigen Ziel dem Le Colombier in Sourdon geführt. Das Gästehaus ist auch wieder zu empfehlen, schöne Zimmer, sehr geschmackvoll, schickes Bad und eine richtig gute Matratze ;-) Auch hier wurde die Garage vom Familienauto befreit, damit unsere Motos ungestört schlafen konnten.

Da Sourdon auch wieder so ein kleines verschlafenes Dörfchen mitten in der heilen Natur ist, hatten wir hier bereits das Abendessen mitgebucht. Dies fand im großen „Salon“ statt gemeinsam mit einem älteren Ehepaar aus York, England. Sarah, die Gastgeberin, hatte hervorragend gekocht. Entenbrustfilet mit grüner Pfeffersauce, Fettucine und Gartensalat. Und zum Nachtisch ein warmes Schokoküchlein mit flüssigem Kern. Ein Gedicht.

Der Abend war sehr mild und wir haben dann noch ein Weilchen draußen gesessen, bis es dunkel wurde. Herrlich diese Ruhe.

Donnerstag, 11. Juni
Der Wind hatte sich endlich gelegt. Der Plan ist:  Richtung Ardennen nach La Roche-en-Ardenne in Belgien. Mit schönen Straßen.
Der Plan geht dann leider mal wieder doch nicht so ganz auf. Wir sind irgendwo wieder falsch abgebogen und werden ernsthaft stutzig als es nur noch 80 km bis Reims sind. Das ist zwar schön, aber die falsche Richtung. Also konsultieren wir wieder die Karte und Navi und was uns sonst so an Orientierungshilfen zur Verfügung steht. Leider müssen wir doch auf die Autobahn, weil wir echt sonst nie mehr in die Richtung kommen, in die wir eigentlich müssen.

Zumindest die Anfahrt nach La Roche-en-Ardenne ging dann noch ein bisschen über schöne Straßen. Landschaftlich traumhaft schön – die Straßen sind allerdings eine einzige Katastrophe. Schlaglöcher groß wie Krater und knietief. Rillen, als würden dort heute noch die Panzer durchfahren. Das war jetzt ein bisschen schade. Man konnte die Kurven gar nicht so richtig genießen, weil man immer aufpassen musste ob nicht gerade mitten im Scheitelpunkt ein Loch ist, in dem man versinken könnte.

In La Roche-en-Ardenne mussten wir dann doch noch mal anhalten. Zigaretten kaufen und Kaffeetrinken. Bis zum Hotel sind es nur noch ein paar Kilometer, aber das Örtchen ist sehr hübsch. Und die haben schöne Metzgereien! Man glaubt es kaum. Diese Auslagen – da läuft einem direkt das Wasser im Munde zusammen. Sowas gibt’s bei uns überhaupt nicht mehr.


Nachdem S. noch eine alte Dame beim Ausparken vor dem endgültigen Verlust ihres Kotflügels rettete und somit auch eine Kettenreaktion von Ducati Panigale 1199 auf Suzuki 1250 Bandit S auf Honda NC700S und einen verbunden Sachschaden in gut 5stelliger Höhe verhinderte, machten wir uns auf den Weg.
Und heute wurden wir belohnt: Traumwetter, 25 C und am Ende ein POOL! Das war sooooo herrlich.




Auch hier hatte ich entschieden, die Halbpension mit 4-Gänge-Menü in Anspruch zu nehmen. Und das war die perfekte Entscheidung. Die Küche hatte Sterneniveau! Vom Amuse Bouche bis zum Dessert - ein Traum.

Wir beschlossen, am nächsten Tag einen kleinen Schlenker über Luxemburg zu machen, günstiger Sprit und Zigaretten. Auf der Karte sah das völlig problemlos aus. Aber ich glaube, die Belgier wollen nicht, dass man nach Luxemburg fährt. Die Beschilderung war eine mittlere Katastrophe - es war immer nur der nächste Ortsteil ausgeschildert - Michlinkarte hatten wir keine von der Gegend - und das war natürlich nicht auf unserer ADAC-Karte verzeichnet. Wir hatten das Gefühl immer im Kreis zu fahren. Landschaftlich war's aber schön. Irgendwann - man merkte es an der unglaublichen plötzlichen Verbesserung des Straßenbelags - waren wir in Luxemburg. Und nach dem Einkauf auch gleich wieder in Belgien. 

Nach einigen Kilometern es war so gegen 13 h biegt S. plötzlich ab. Friterie. Er will noch mal belgische Fritten zum Abschluss. Also lecker alkohlfreies Weizen, Pommes und Burger.


Nun sollte es gemütlich durch die Eifel bis Köln gehen und da auf die Autobahn nach Hause. Wir waren gerade in der Hocheifel angelangt, als der Himmel sich bereits verdüsterte. Kurze Zeit später fing es an zu tröpfeln. Da der Himmel nichts Gutes versprach, hielten wir an einer Bushaltestelle und zogen die Regenklamotten über. Kurz darauf ging der erste große Schutt runter. Also hielten wir am nächsten Bushäuschen und warteten. Die Sache schien nachzulassen und wir fuhren weiter. Und dann ging es RICHTIG los. Wassermassen. Ich begann mir ernsthaft Gedanken zu machen, als das Wasser IN meinem Helm über meine Nasenspitze tropfte. Das kitzelte und ich machte eine Grimasse um die Tropfen loszuwerden. Und so tauchte mein Kinn in einer Lache im Kinnschutz ein. Sowas hatte ich aber auch noch nicht. Es schüttete wie aus Eimern - das war in der Nähe von Zülpich/Euskirchen. Wie wir später aus den Nachrichten erfuhren, waren dort einige Keller vollgelaufen. Trotzdem entschieden wir uns, weiterzufahren. Das war auch die richtige Entscheidung. Denn kurz vor Köln hatten wir das Gewitter überholt und es blieb bis Düsseldorf hinter uns. Hätten wir gewartet, wären wir immer mit dem Gewitter weitergefahren.

Fazit: Es war eine super Tour. Wir hatten ein Riesenglück mit dem Wetter. Die Franzosen sind sehr Motorradfreundlich. Kreisverkehre fangen irgendwann an zu nerven. Essen war schwierig - lag aber auch ein bisschen an uns und unserem Timing. Die Straßen in Belgien sind landschaftlich schön, aber grottenschlecht. Und - geplant waren rund 1900 km - es wurden 2300 km ;-) Für jemand der nach 7 Jahren gerade erst wieder mit dem Motorradfahren angefangen hat, schon eine respektable Leistung. 

Ich bin auf jeden Fall ziemlich stolz auf mich :-)


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