Donnerstag, 18. Juni 2015

Reisebericht von unserer Motorradtour in die Normandie vom 04. bis 12. Juni 2015 – Teil 1



In NRW ist Fronleichnam Feiertag und so ging es mit der Brückentagsverlängerung für 9 Tage auf Tour.

Donnerstag, 04. Juni
Bei strahlendem Sonnenschein packten wir unsere Motorräder und starteten so gegen 11:00h zu unserer ersten Etappe in Richtung Belgien nach Gent. Für heute hatten wir uns entschieden, den schnellsten Weg über die Autobahn zu nehmen, weil wir uns auch noch ein bisschen Zeit nehmen wollten, Gent anzuschauen.

Es ging ganz flott voran und während wir so dahin glitten, hatten wir natürlich prompt in Holland die richtige Autobahnabfahrt Richtung Antwerpen verpasst und fuhren Richtung Nijmegen…

Ich bemerkte es früher als meine bessere Hälfte – aber alles hupen, winken und blinken half nicht. Er fuhr unbeirrt seines Weges. Irgendwann näherten wir uns einer Raststätte und offensichtlich hatte auch er nun Zweifel bekommen, dass Nijmegen richtig wäre und fuhr die Raststätte an.

Ein Blick auf die Karte – ok – hier waren wir jetzt wirklich ein wenig vom Wege abgekommen. Aber die nächste Ausfahrt runter und dann quer durch Limburg sollte uns wieder auf den richtigen Weg führen. Ein bisschen Umweg - aber eigentlich auch ganz schön, mal zwischendurch etwas locker auf der Landstraße zu fahren.

Irgendwann näherten wir uns dann dem Stadtring Antwerpen und standen erstmal im Stau. Fast eine Stunde brauchten wir um Antwerpen herum. Das machte jetzt irgendwie keinen Spaß. 

Kurz nach 15 Uhr, nach ein wenig suchen und herumfragen und gut 300 km Strecke hatten wir unser Ziel in Gent erreicht. Der Empfang in unserem B&B Onderland war sehr herzlich. Und das allerbeste: die Motorräder durften wir im Hausflur unterstellen. Kostenlos!





Eine sehr nette Unterkunft mit schönem Garten im Innenhof und auch unser Zimmer war top! Im Garten hoppelte ein sehr süßes Kaninchen herum. Es kam, wenn man es rief, leckte am Finger und machte Männchen. So putzig.

Nachdem wir uns der Motorradkluft entledigt und uns etwas erfrischt hatten, machten wir uns auf den Weg in die Stadt. Gent ist ja wirklich hübsch. Zunächst steuerten wir noch einen kleinen Supermarkt an, ein paar Getränke für später besorgen. Dann schauten wir uns die Stadt an, tranken in der Stadtbrauerei Gruut ein frisches Bier und suchten uns dann ein Lokal für’s Abendessen. Preislich ist Gent allerdings schon etwas weiter oben angesiedelt. Wir entschlossen uns für Elli’s Gourmet Burger mit lecker Pommes.

Eigentlich wollten wir uns noch irgendwo ans Wasser setzen und etwas trinken, aber die Lokalitäten waren jetzt alle weitestgehend im Abendessen-Modus. Also holten wir uns am Kiosk 2 gekühlte Jupiler und machten es wie ganz viele andere auch, wir setzen uns am Groot Vleeshuis auf die Mauer am Kanal und genossen unseren „Sundowner“. 





Freitag, 05. Juni
Am nächsten Morgen erwartete uns – wie wir im Nachhinein sagen können – das beste Frühstück auf der Reise mit allem Drum und Dran. Es war bereits um 09:00 h schon recht warm und so entschlossen wir uns die Goretex-Hosen gegen die Kevlar-Motorrad-Jeans zu tauschen. Gut gestärkt verabschiedeten wir uns von unseren Gastgebern und machten uns erstmal auf die Suche nach einer Tankstelle. Das gestaltete sich ein wenig schwierig und langsam wurde der Sprit knapp. S. hat eine Reichweite von ca. 350 km, ich gut 400 km und da waren wir jetzt bei ihm schon am Limit. Irgendwann tauchte dann eine Tankstelle auf – ohne Service nur Automat. Der spannende Moment – akzeptiert dieser eine unserer Kreditkarten. Ja – hat funktioniert nur einen Beleg konnte man dem Automat nicht abringen. Also kurzerhand die Anzeige fotografiert – besser ist das.

Weiter ging es über die Autobahn in Richtung Frankreich. Wir beschlossen, erst hinter Calais bei Sangatte auf die Küstenstraße zu wechseln. Dort haben wir dann erstmal angehalten und den Strand besucht. Die Wolkenwand über England verhieß nichts Gutes und offensichtlich hatte es bereits geregnet. Aber die Sonne kam immer wieder durch uns so waren wir zuversichtlich, auch weiterhin trocken zu bleiben.


Nun fuhren wir schön die Küste entlang Richtung Boulogne-sur-Mer. Zwischendrin haben wir ein paar Mal angehalten und die spektakuläre Landschaft genossen. Es wurde allerdings sehr windig und deutlich kühler als noch am Morgen. Der Himmel verdunkelte sich auch zusehends.

In Boulogne-sur-Mer wollten wir eigentlich etwas Essen. Aber es war schon nach 14 h und da gibt’s eigentlich kein Mittagessen mehr. Also „Plastiksandwich“ aus dem Supermarkt auf dem Parkplatz und natürlich regnete es jetzt. Nur leicht und es sah auch so aus, als würde das nicht so schlimm werden, also fuhren wir weiter. Es dauerte keine 10 Minuten, es donnerte, dann blitze es und von oben kam eine gehörige Dusche – für etwa 2 Minuten.
Das reichte allerdings, um die Jeans einmal komplett durchzuweichen. Vor allem im Schritt. Sehr unangenehmes Gefühl. Also wieder den nächsten Supermarktparkplatz angesteuert, Regenhose an und weiter. Natürlich hörte es nur kurze Zeit später auf zu regnen und die Sonne kam raus.

Beim nächsten Kaffeestopp bei McDonalds die Regenhose also wieder ausgezogen und sich von Sonne und Wind trocknen lassen. Die Weiterfahrt zu unserem heutigen Etappenziel nach Criel-sur-Mer wurde dann noch zur kleinen Odyssee. In Le Crotoy ging es plötzlich nicht mehr weiter – die Straße war gesperrt. Das Dumme war nur, wir mussten über die Somme und die nächste Brücke war dann erst wieder die Autobahnbrücke bei Abbeville. Gute 50 km Umweg. Das war jetzt ein bisschen ärgerlich.

Unser Hotel Royal Albion in Criel-sur-Mer erreichten wir dann auch erst so kurz vor 19 h. Aber die Aussicht entschädigte. Hotel auf der Klippe, Blick aufs Meer, Sonne – alles wieder gut. Und die Motorräder bekamen wieder eine besondere Aufmerksamkeit. Diesmal war es ein überdachtes Plätzchen – eigentlich der Behindertenparkplatz – zwischen Müllplatz und Traktor. Echt gut. Da kam uns wenigstens keiner von den PKW beim Wenden zu nahe. Perfekt.

Nachdem wir uns wieder etwas erholt hatten, gingen wir direkt runter an den Strand – toll die weißen Klippen. Und dort gab es auch ein Restaurant, wo wir uns ein leckeres Steak gönnten. Nach den heutigen Aufregungen brauchte ich etwas Handfestes. Kein Fisch mit Sauerkraut oder Muscheln mit Fritten.



Samstag, 06. Juni
Nach einem schönen französischen Frühstück (lecker Croissant) ging es weiter in Richtung Normandie. Geschichtsaffine werden in diesem Zusammenhang das heutige Datum sicher gleich registrieren – richtig: D-Day, Operation Overlord, die Landung der Alliierten in der Normandie 1944. Ganz ehrlich? Ich habe es erst registriert, als ich für dieses Wochenende die Zimmer buchen wollte. 

Heute wollten wir die Küste entlang über Fecámp, Étretat, Le Havre und dann über die Pont de Normandie fahren. Ziel: Blonville-sur-Mer, nur wenige Kilometer hinter Deauville. Morgens erhielten wir noch eine E-Mail unseres nächsten Gastgebers Christophe in der Villa des Fleurs, dass unser Zimmer wegen Wasserschaden nicht verfügbar wäre. Er böte uns aber ein anderes Zimmer im 2. Stock an, kleiner als das gebuchte, dafür aber auch günstiger. OK. Hier hatten wir natürlich 2 Nächte gebucht, eben weil es Kühlschrank, TV und Kaffeemaschine hat. Aber wird schon gehen. Um etwas Neues zu suchen, war es jetzt sowieso zu spät.

Aber zunächst mussten wir uns noch Michelin-Karten besorgen - diese ADAC-Karten dienen wirklich nur der groben Orientierung - die Hälfte der Orte und Straßen ist dort gar nicht eingezeichnet, das geht gar nicht. Zum Glück hatte Leclerc alles war wir brauchten.

Wir gondelten also schön die Küste entlang – Hauptrichtung Le Havre. Landschaftlich ist es wirklich sehr schön. Und dann immer wieder der Blick auf die Steilküste. Toll. Kurzer Halt in Fecámp, da kommt der Benedictine-Likör her. Wobei die Benediktiner hier mehr Marketingzwecken dienten. Der Likör ist sehr weltlich und wird in einer alten Abtei hergestellt. Leider hat alles zu und wir fahren weiter nach Étretat. Dort gönnten wir uns im Sonnenschein einen Kaffee. Hier ist die Hölle los. Und Menschen baden! Das wäre mir jetzt doch noch ein bisschen frisch bei Wassertemperaturen von ca. 14 Grad. Trotzdem schön hier. Aber wir müssen weiter.



Eigentlich wollten wir ja nicht durch Le Havre fahren – haben aber mal wieder irgendwo den Weg verpasst. Das hat sich als gar nicht so großer Fehler herausgestellt, den Le Havre ist eine tolle Stadt. Sehr interessante Architektur. Also hier müssen wir irgendwann noch mal hin und das genauer entdecken. Dann geht es in Richtung Pont de Normandie, zum Glück hält sich der Wind in Grenzen, sonst hätten wir uns Plan B überlegen müssen.

Was wir aber nicht wussten, vor die eigentliche Pont de Normandie (die Schrägseilbrücke mit der größten Spannweite – 856 m – in Europa) hat der Franzose noch eine Brücke gebaut. Die ist zwar bei weitem nicht so lang, aber bei der Anfahrt hat man das Gefühl es geht auf eine Achterbahn, ziemlich steil und mit Kurve. Uih. Hat man den Schreck verdaut sieht man dann schon die Pylone der eigentlichen Brücke und die obligatorische Mautstation. Als Motorradfahrer ist man hier begünstig und darf auf dem Radweg durch die Mautstation und die Brücke kostenlos überqueren. Man hat schon Respekt da oben, muss ich sagen. So ganz entspannt war ich auch nicht wirklich. Am Ende der Brücke fuhren wir rechts ran und machten erstmal ein Foto und atmeten durch.


Weiter ging es nach Honfleur – wunderschönes Städtchen, aber proppevoll. Wir sind nur durchgefahren, da war zu viel Gewusel

Die Küstenstraße entlang fuhren wir über Trouville und Deauville nach Blonville-sur-Mer. Es war unglaublich viel Verkehr und wir kamen die letzten Kilometer nur noch zäh voran. Die ganzen Wochenendausflügler waren unterwegs, außerdem noch Triathlon in Deauville und überhaupt hat wohl halb Paris hier eine Ferienunterkunft.

Dann haben wir uns noch ein bisschen in Blonville verfahren, auf der Suche nach unserer Unterkunft – man hatte mal wieder die Straße gesperrt. Irgendwann haben wir es dann doch gefunden. Die Tür war zwar offen, aber auf unsere Rufen reagierte keiner. Also rauchten wir erstmal gemütlich eine Zigarette. Irgendwann erschien unser Gastgeber Christophe und zeigte sich untröstlich wegen des Zimmers. Es ist winzig. Es gibt keinen Fernseher, keine Kaffeemaschine. Egal, wir arrangieren uns. S. wollte eigentlich das CL-Finale am Abend gucken und fragte bei Christophe nach, ob wir denn einen kleinen Fernseher bekommen könnten (er hatte natürlich gleich das Antennenkabel im Zimmer registriert). Ah, gar kein Problem, wenn wir vom Essen kommen ist alles gelöst. Gut. 

Auch hier bekommen unsere Motos (ich mag den französischen Begriff) eine besondere Abstellmöglichkeit. Hinter dem Haus ist ein abschließbarer Hof und dort dürfen die beiden stehen. 


Wir machten uns frisch und schauten mal, was der Ort zu bieten hat. Wie bei der Planung mit Google-Streetview schon zu vermuten – nicht allzu viel.

Blonville liegt wie der Namenszusatz vermuten lässt, schön am Meer – aber hier ist mal so gar nichts los. Es gibt ein (recht teures) Restaurant am Strand, ein Hotel mit Restaurant und eine Pizzeria. Und natürlich Bäcker, Metzger, Gemüse/Weinladen. Der Ort besteht überwiegend aus Ferienwohnungen und – häusern und diese Leute versorgen sich natürlich selbst. Oder fahren nach Deauville. 

Wir entschieden uns für die Pizzeria. War ok. Dann beschlossen wir noch einen Sundowner am Meer zu nehmen. Der Gemüse-Weinladen gegenüber war gerade am Einpacken, doch die nette Frau verkaufte uns noch eine Flasche Rotwein. 

Weil wir noch Becher und Korkenzieher brauchten, gingen wir zurück in unsere Unterkunft. Christophe empfing uns überschwänglich. Er hätte die Lösung. Neben unserem Zimmer war noch eine kleine Küche mit Sofa und Fernsehen. Diese dürften wir nutzen und sogar am Fenster rauchen. Wow. Das war jetzt aber echt nett. Also verlegten wir den Sundowner spontan vom Strand in die Küche, guckten erst ein bisschen Arte (der einzig frei empfangbare deutschsprachige Sender in Frankreich) und später das CL-Finale.

07. Juni
Nach dem Frühstück (hier gab es übrigens das beste Baguette) brachen wir – endlich mal ohne Gepäck – in Richtung Landungsstrände auf. Und nun bekamen wir auch einen Eindruck, warum wir so schwierig Zimmer buchen konnten. 

Es ist voll mit Veteranen, Nostalgikern, Touristen und Interessierten. Diese Region lebt davon. Es ist bedrückend, einerseits an diesen so wunderschönen Stränden zu stehen und andererseits dabei an das Gemetzel zu denken, das vor 71 Jahren hier stattfand. 

Da gestern ja der Jahrestag war, sind natürlich jetzt auch viele „Events“ überall. Zeltcamps, alte Jeeps und sonstige Militär-Fahrzeug, Menschen in alten Uniformen (aus allen alliierten Nationen). Ab Sword-Beach machten wir dann so eine Art Hop-on-Hop-off-Tour. Immer wieder mal runter an die Strände und Gedenkstätten. 






Die Franzosen sind sehr Moto-freundlich, man darf praktisch überall umsonst Parken. Teilweise sogar extra ausgeschildert direkt VOR der jeweiligen Sehenswürdigkeit – wobei man bei Autos und Wohnmobilen ordentlich zulangt. 

Bei Arromanches-les-Bains, am Gold Beach, kann man heute noch im Meer die Reste der künstlichen Häfen sehen. Selbst bei Flut sind sie noch gut sichtbar. Wir fuhren bis zum Omaha Beach und dann sagte mein Liebster – jetzt hab ich aber mal genug vom Krieg. Ich auch. Also machten wir uns auf den Rückweg und stoppten noch kurz in Bayeux, um uns die Kathedrale anzuschauen.


Nach einem langen, interessanten aber auch teilweise physisch und psychisch sehr anstrengendem Tag kamen wir um 19:30 wieder in Blonville an. Wir hatten zwar unterwegs zu Mittag gegessen, aber so ein bisschen Hunger kam jetzt doch noch mal auf. Mangels Alternativen aßen wir halt noch mal eine Pizza. Also irgendwie hatte ich mir das mit dem Essen anders vorgestellt.

Mit Rotwein und Arte auf dem Küchensofa ließen wir den Tag ausklingen.

Teil 2 folgt.

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