In NRW ist Fronleichnam Feiertag und so ging es mit der
Brückentagsverlängerung für 9 Tage auf Tour.
Donnerstag, 04. Juni
Bei
strahlendem Sonnenschein packten wir unsere Motorräder und starteten so gegen 11:00h
zu unserer ersten Etappe in Richtung Belgien nach Gent. Für heute hatten wir
uns entschieden, den schnellsten Weg über die Autobahn zu nehmen, weil wir uns
auch noch ein bisschen Zeit nehmen wollten, Gent anzuschauen.
Es ging ganz
flott voran und während wir so dahin glitten, hatten wir natürlich prompt in Holland
die richtige Autobahnabfahrt Richtung Antwerpen verpasst und fuhren Richtung
Nijmegen…
Ich bemerkte
es früher als meine bessere Hälfte – aber alles hupen, winken und blinken half
nicht. Er fuhr unbeirrt seines Weges. Irgendwann näherten wir uns einer
Raststätte und offensichtlich hatte auch er nun Zweifel bekommen, dass Nijmegen
richtig wäre und fuhr die Raststätte an.
Ein Blick auf
die Karte – ok – hier waren wir jetzt wirklich ein wenig vom Wege abgekommen.
Aber die nächste Ausfahrt runter und dann quer durch Limburg sollte uns wieder
auf den richtigen Weg führen. Ein bisschen Umweg - aber eigentlich auch ganz
schön, mal zwischendurch etwas locker auf der Landstraße zu fahren.
Irgendwann
näherten wir uns dann dem Stadtring Antwerpen und standen erstmal im Stau. Fast
eine Stunde brauchten wir um Antwerpen herum. Das machte jetzt irgendwie keinen
Spaß.
Kurz nach 15
Uhr, nach ein wenig suchen und herumfragen und gut 300 km Strecke hatten wir
unser Ziel in Gent erreicht. Der Empfang in unserem B&B Onderland war sehr
herzlich. Und das allerbeste: die Motorräder durften wir im Hausflur
unterstellen. Kostenlos!
Eine sehr
nette Unterkunft mit schönem Garten im Innenhof und auch unser Zimmer war top!
Im Garten hoppelte ein sehr süßes Kaninchen herum. Es kam, wenn man es rief,
leckte am Finger und machte Männchen. So putzig.
Nachdem wir
uns der Motorradkluft entledigt und uns etwas erfrischt hatten, machten wir uns
auf den Weg in die Stadt. Gent ist ja wirklich hübsch. Zunächst steuerten wir
noch einen kleinen Supermarkt an, ein paar Getränke für später besorgen. Dann
schauten wir uns die Stadt an, tranken in der Stadtbrauerei Gruut ein frisches
Bier und suchten uns dann ein Lokal für’s Abendessen. Preislich ist Gent
allerdings schon etwas weiter oben angesiedelt. Wir entschlossen uns für Elli’s
Gourmet Burger mit lecker Pommes.
Eigentlich
wollten wir uns noch irgendwo ans Wasser setzen und etwas trinken, aber die
Lokalitäten waren jetzt alle weitestgehend im Abendessen-Modus. Also holten wir
uns am Kiosk 2 gekühlte Jupiler und machten es wie ganz viele andere auch, wir
setzen uns am Groot Vleeshuis auf die Mauer am Kanal und genossen unseren „Sundowner“.
Freitag, 05. Juni
Am nächsten
Morgen erwartete uns – wie wir im Nachhinein sagen können – das beste Frühstück
auf der Reise mit allem Drum und Dran. Es war bereits um 09:00 h schon recht
warm und so entschlossen wir uns die Goretex-Hosen gegen die
Kevlar-Motorrad-Jeans zu tauschen. Gut gestärkt verabschiedeten wir uns von
unseren Gastgebern und machten uns erstmal auf die Suche nach einer Tankstelle.
Das gestaltete sich ein wenig schwierig und langsam wurde der Sprit knapp. S.
hat eine Reichweite von ca. 350 km, ich gut 400 km und da waren wir jetzt bei
ihm schon am Limit. Irgendwann tauchte dann eine Tankstelle auf – ohne Service
nur Automat. Der spannende Moment – akzeptiert dieser eine unserer
Kreditkarten. Ja – hat funktioniert nur einen Beleg konnte man dem Automat nicht
abringen. Also kurzerhand die Anzeige fotografiert – besser ist das.
Weiter ging
es über die Autobahn in Richtung Frankreich. Wir beschlossen, erst hinter
Calais bei Sangatte auf die Küstenstraße zu wechseln. Dort haben wir dann
erstmal angehalten und den Strand besucht. Die Wolkenwand über England verhieß
nichts Gutes und offensichtlich hatte es bereits geregnet. Aber die Sonne kam
immer wieder durch uns so waren wir zuversichtlich, auch weiterhin trocken zu
bleiben.
Nun fuhren
wir schön die Küste entlang Richtung Boulogne-sur-Mer. Zwischendrin haben wir
ein paar Mal angehalten und die spektakuläre Landschaft genossen. Es wurde
allerdings sehr windig und deutlich kühler als noch am Morgen. Der Himmel
verdunkelte sich auch zusehends.
In
Boulogne-sur-Mer wollten wir eigentlich etwas Essen. Aber es war schon nach 14
h und da gibt’s eigentlich kein Mittagessen mehr. Also „Plastiksandwich“ aus
dem Supermarkt auf dem Parkplatz und natürlich regnete es jetzt. Nur leicht und
es sah auch so aus, als würde das nicht so schlimm werden, also fuhren wir
weiter. Es dauerte keine 10 Minuten, es donnerte, dann blitze es und von oben
kam eine gehörige Dusche – für etwa 2 Minuten.
Das reichte
allerdings, um die Jeans einmal komplett durchzuweichen. Vor allem im Schritt.
Sehr unangenehmes Gefühl. Also wieder den nächsten Supermarktparkplatz
angesteuert, Regenhose an und weiter. Natürlich hörte es nur kurze Zeit später
auf zu regnen und die Sonne kam raus.
Beim nächsten
Kaffeestopp bei McDonalds die Regenhose also wieder ausgezogen und sich von
Sonne und Wind trocknen lassen. Die Weiterfahrt zu unserem heutigen Etappenziel
nach Criel-sur-Mer wurde dann noch zur kleinen Odyssee. In Le Crotoy ging es
plötzlich nicht mehr weiter – die Straße war gesperrt. Das Dumme war nur, wir mussten
über die Somme und die nächste Brücke war dann erst wieder die Autobahnbrücke
bei Abbeville. Gute 50 km Umweg. Das war jetzt ein bisschen ärgerlich.
Unser Hotel
Royal Albion in Criel-sur-Mer erreichten wir dann auch erst so kurz vor 19 h.
Aber die Aussicht entschädigte. Hotel auf der Klippe, Blick aufs Meer, Sonne –
alles wieder gut. Und die Motorräder bekamen wieder eine besondere Aufmerksamkeit.
Diesmal war es ein überdachtes Plätzchen – eigentlich der Behindertenparkplatz –
zwischen Müllplatz und Traktor. Echt gut. Da kam uns wenigstens keiner von den
PKW beim Wenden zu nahe. Perfekt.
Nachdem wir
uns wieder etwas erholt hatten, gingen wir direkt runter an den Strand – toll die
weißen Klippen. Und dort gab es auch ein Restaurant, wo wir uns ein leckeres
Steak gönnten. Nach den heutigen Aufregungen brauchte ich etwas Handfestes.
Kein Fisch mit Sauerkraut oder Muscheln mit Fritten.
Samstag, 06. Juni
Nach einem
schönen französischen Frühstück (lecker Croissant) ging es weiter in Richtung
Normandie. Geschichtsaffine werden in diesem Zusammenhang das heutige
Datum sicher gleich registrieren – richtig: D-Day, Operation Overlord, die Landung der Alliierten
in der Normandie 1944. Ganz ehrlich? Ich habe es erst registriert, als ich für
dieses Wochenende die Zimmer buchen wollte.
Heute wollten
wir die Küste entlang über Fecámp, Étretat, Le Havre und dann über die Pont de
Normandie fahren. Ziel: Blonville-sur-Mer, nur wenige Kilometer hinter
Deauville. Morgens erhielten wir noch eine E-Mail unseres nächsten Gastgebers
Christophe in der Villa des Fleurs, dass unser Zimmer wegen Wasserschaden nicht
verfügbar wäre. Er böte uns aber ein anderes Zimmer im 2. Stock an, kleiner als
das gebuchte, dafür aber auch günstiger. OK. Hier hatten wir natürlich 2 Nächte
gebucht, eben weil es Kühlschrank, TV und Kaffeemaschine hat. Aber wird schon
gehen. Um etwas Neues zu suchen, war es jetzt sowieso zu spät.
Aber zunächst mussten wir uns noch Michelin-Karten besorgen - diese ADAC-Karten dienen wirklich nur der groben Orientierung - die Hälfte der Orte und Straßen ist dort gar nicht eingezeichnet, das geht gar nicht. Zum Glück hatte Leclerc alles war wir brauchten.
Wir gondelten
also schön die Küste entlang – Hauptrichtung Le Havre. Landschaftlich ist es
wirklich sehr schön. Und dann immer wieder der Blick auf die Steilküste. Toll.
Kurzer Halt in Fecámp, da kommt der Benedictine-Likör her. Wobei die
Benediktiner hier mehr Marketingzwecken dienten. Der Likör ist sehr weltlich
und wird in einer alten Abtei hergestellt. Leider hat alles zu und wir fahren
weiter nach Étretat. Dort gönnten wir uns im Sonnenschein einen Kaffee. Hier
ist die Hölle los. Und Menschen baden! Das wäre mir jetzt doch noch ein
bisschen frisch bei Wassertemperaturen von ca. 14 Grad. Trotzdem schön hier.
Aber wir müssen weiter.
Eigentlich
wollten wir ja nicht durch Le Havre fahren – haben aber mal wieder irgendwo den
Weg verpasst. Das hat sich als gar nicht so großer Fehler herausgestellt, den
Le Havre ist eine tolle Stadt. Sehr interessante Architektur. Also hier müssen
wir irgendwann noch mal hin und das genauer entdecken. Dann geht es in Richtung
Pont de Normandie, zum Glück hält sich der Wind in Grenzen, sonst hätten wir
uns Plan B überlegen müssen.
Was wir aber nicht
wussten, vor die eigentliche Pont de Normandie (die Schrägseilbrücke mit der
größten Spannweite – 856 m – in Europa) hat der Franzose noch eine Brücke
gebaut. Die ist zwar bei weitem nicht so lang, aber bei der Anfahrt hat man das
Gefühl es geht auf eine Achterbahn, ziemlich steil und mit Kurve. Uih. Hat man
den Schreck verdaut sieht man dann schon die Pylone der eigentlichen Brücke und
die obligatorische Mautstation. Als Motorradfahrer ist man hier begünstig und
darf auf dem Radweg durch die Mautstation und die Brücke kostenlos überqueren. Man
hat schon Respekt da oben, muss ich sagen. So ganz entspannt war ich auch nicht
wirklich. Am Ende der Brücke fuhren wir rechts ran und machten erstmal ein Foto
und atmeten durch.
Weiter ging
es nach Honfleur – wunderschönes Städtchen, aber proppevoll. Wir sind nur
durchgefahren, da war zu viel Gewusel
Die
Küstenstraße entlang fuhren wir über Trouville und Deauville nach
Blonville-sur-Mer. Es war unglaublich viel Verkehr und wir kamen die letzten
Kilometer nur noch zäh voran. Die ganzen Wochenendausflügler waren unterwegs,
außerdem noch Triathlon in Deauville und überhaupt hat wohl halb Paris hier eine
Ferienunterkunft.
Dann haben
wir uns noch ein bisschen in Blonville verfahren, auf der Suche nach unserer
Unterkunft – man hatte mal wieder die Straße gesperrt. Irgendwann haben wir es
dann doch gefunden. Die Tür war zwar offen, aber auf unsere Rufen reagierte
keiner. Also rauchten wir erstmal gemütlich eine Zigarette. Irgendwann
erschien unser Gastgeber Christophe und zeigte sich untröstlich wegen des Zimmers. Es
ist winzig. Es gibt keinen Fernseher, keine Kaffeemaschine. Egal, wir
arrangieren uns. S. wollte eigentlich das CL-Finale am Abend gucken und fragte
bei Christophe nach, ob wir denn einen kleinen Fernseher bekommen könnten (er
hatte natürlich gleich das Antennenkabel im Zimmer registriert). Ah, gar kein Problem,
wenn wir vom Essen kommen ist alles gelöst. Gut.
Auch hier
bekommen unsere Motos (ich mag den französischen Begriff) eine besondere
Abstellmöglichkeit. Hinter dem Haus ist ein abschließbarer Hof und dort dürfen
die beiden stehen.
Wir machten
uns frisch und schauten mal, was der Ort zu bieten hat. Wie bei der Planung mit
Google-Streetview schon zu vermuten – nicht allzu viel.
Blonville
liegt wie der Namenszusatz vermuten lässt, schön am Meer – aber hier ist mal so
gar nichts los. Es gibt ein (recht teures) Restaurant am Strand, ein Hotel mit
Restaurant und eine Pizzeria. Und natürlich Bäcker, Metzger, Gemüse/Weinladen.
Der Ort besteht überwiegend aus Ferienwohnungen und – häusern und diese Leute
versorgen sich natürlich selbst. Oder fahren nach Deauville.
Wir
entschieden uns für die Pizzeria. War ok. Dann beschlossen wir noch einen
Sundowner am Meer zu nehmen. Der Gemüse-Weinladen gegenüber war gerade am Einpacken,
doch die nette Frau verkaufte uns noch eine Flasche Rotwein.
Weil wir noch
Becher und Korkenzieher brauchten, gingen wir zurück in unsere Unterkunft.
Christophe empfing uns überschwänglich. Er hätte die Lösung. Neben unserem
Zimmer war noch eine kleine Küche mit Sofa und Fernsehen. Diese dürften wir
nutzen und sogar am Fenster rauchen. Wow. Das war jetzt aber echt nett. Also verlegten
wir den Sundowner spontan vom Strand in die Küche, guckten erst ein bisschen
Arte (der einzig frei empfangbare deutschsprachige Sender in Frankreich) und
später das CL-Finale.
07. Juni
Nach dem
Frühstück (hier gab es übrigens das beste Baguette) brachen wir – endlich mal ohne
Gepäck – in Richtung Landungsstrände auf. Und nun bekamen wir auch einen
Eindruck, warum wir so schwierig Zimmer buchen konnten.
Es ist voll mit
Veteranen, Nostalgikern, Touristen und Interessierten. Diese Region lebt davon.
Es ist bedrückend, einerseits an diesen so wunderschönen Stränden zu stehen und
andererseits dabei an das Gemetzel zu denken, das vor 71 Jahren hier stattfand.
Da gestern
ja der Jahrestag war, sind natürlich jetzt auch viele „Events“ überall.
Zeltcamps, alte Jeeps und sonstige Militär-Fahrzeug, Menschen in alten
Uniformen (aus allen alliierten Nationen). Ab Sword-Beach machten wir dann so
eine Art Hop-on-Hop-off-Tour. Immer wieder mal runter an die Strände und
Gedenkstätten.
Die Franzosen sind sehr Moto-freundlich, man darf praktisch
überall umsonst Parken. Teilweise sogar extra ausgeschildert direkt VOR der
jeweiligen Sehenswürdigkeit – wobei man bei Autos und Wohnmobilen ordentlich
zulangt.
Bei Arromanches-les-Bains, am Gold Beach, kann man heute noch im Meer
die Reste der künstlichen Häfen sehen. Selbst bei Flut sind sie noch gut
sichtbar. Wir fuhren bis zum Omaha Beach und dann sagte mein Liebster – jetzt hab
ich aber mal genug vom Krieg. Ich auch. Also machten wir uns auf den Rückweg
und stoppten noch kurz in Bayeux, um uns die Kathedrale anzuschauen.
Nach einem
langen, interessanten aber auch teilweise physisch und psychisch sehr
anstrengendem Tag kamen wir um 19:30 wieder in Blonville an. Wir hatten zwar
unterwegs zu Mittag gegessen, aber so ein bisschen Hunger kam jetzt doch noch
mal auf. Mangels Alternativen aßen wir halt noch mal eine Pizza. Also irgendwie
hatte ich mir das mit dem Essen anders vorgestellt.
Mit Rotwein
und Arte auf dem Küchensofa ließen wir den Tag ausklingen.
Teil 2 folgt.