Ich glaube, ich weiß
jetzt, warum ich es in Namibia so schön fand.
Man war so weit weg
von allem hier. Netzversorgung nur eingeschränkt, Nachrichten zwar
auf deutsch, aber doch mehr lokal. Zum Beispiel aus Otjiwarongo.
Otjiwarongo ist eine Stadt im Norden Namibias und bedeutet „schöner
Platz der fetten Rinder“. Leider waren wir nicht dort, aber ist es
nicht bezaubernd, wenn ein Ort so heißt?
Was ich eigentlich
sagen möchte, dass mich das wahre Leben hier gerade furchtbar
ermüdet. Es liegt nicht nur am Wetter und am Lichtmangel. Es ist
alles so schwierig. Angesichts der Ereignisse der letzten Wochen ist
man so angefüllt mit Worten, weiß aber eigentlich gar nicht welche
man davon rauslassen darf oder kann ohne irgendwem zu Nahe zu treten.
Ich könnte einen Roman schreiben, über das was in meinem Kopf
vorgeht und über die Reaktionen der Menschen in meinem Umfeld. Aber
wahrscheinlich hätte ich dann ALLE radikalen Vertreter dieser Welt
einschließlich sämtlicher Geheimdienste zu Besuch. Und sicher
nicht, wegen meiner grünen Blaubeermuffins.
Ach, die grünen
Blaubeermuffins. Ich befinde mich gerade in einer beruflichen
Veränderung und letzte Woche bin ich in ein anderes Büro gezogen.
Nach fast 10 Jahren musste ich viele liebgewonnene Kolleginnen und
Kollegen verlassen. Also habe ich gebacken, um den Abschied zu
versüßen. Unter anderem auch Blaubeermuffins. Angesichts der
Jahreszeit gab es natürlich nur TK-Blaubeeren. Grundsätzlich sind
die auch sehr lecker. Aber sie waren riesig. Fast kirschgroß. Und
meine Muffinförmchen sind eher klein. Ich habe die Blaubeeren ein
wenig antauen lassen und dann unter den Teig gehoben. Da passierte
das erste Missgeschick – die Beeren sind geplatzt und ausgelaufen.
Der Teig bekam eine sehr ulkige bläuliche Farbe. Nun gut. Also rein
in die Förmchen und ab in den Backofen.
Nach 5 Minuten
schaue ich in den Ofen und denke ich sehe nicht richtig.
Offensichtlich haben die Blaubeeren den Teig verdrängt. Auf jeden
Fall lief der ganze Teil über das Backblech und ich hatte natürlich
kein Backpapier untergelegt. Grummel. Und dann diese Farbe – das
bläuliche ging jetzt eher ins grünliche... Klar, gelber Teig plus
blaue Beeren gibt grün.
Augen zu und
durchbacken. Also der Teig auf dem Bleck war zumindest lecker.
Allerdings war die Optik der Muffins doch eher, naja – grünlich
mit lila Beerenboden - eben nicht so, wie man es sich wünscht.
Wegschmeißen wollte ich sie aber auch nicht. Und ihr werdet es kaum
glauben. Die Dinger waren wohl so interessant (und wohlschmeckend),
dass am Ende von 24 nur 4 übrig geblieben sind. Ich hatte noch 24
Apfel-Zimt-Muffins, 24 Eierlikör-Muffins und einen gigantischen
Schokokuchen (war eigentlich auch Muffin, aber ich hatte keinen Bock
mehr und so kam der Teig einfach in die Gugelhupfform) gebacken.
Davon blieb etwas weniger als die Hälfte übrig.
War alles lecker.
Aber die kleinen verunglückten Blaubeermuffins waren das Highlight.
Es muss nicht
perfekt sein. Aber gut. Und manchmal bekommen die kleinen,
unscheinbaren, vielleicht ein bisschen häßlichen Dinge im Leben
mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung als die vermeintlich Perfekten.
Die kleinen Unzulänglichkeiten wecken oftmals mehr Interesse als die
Perfektion. Das Perfekte ist vielleicht schön anzuschauen – aber
man will gar nicht mehr wissen, was noch dahinter steckt – oder
darin.
Es geht mir
wirklich sehr viel im Kopf rum. Ich muss öfter schreiben. Im Moment
muss ich aber noch viel überlegen und selektieren. Ja, wir haben
freie Meinungäußerung in diesem Land. Und das soll bitte auch so
bleiben. Ich habe eine Meinung. MEINE. Die interessiert vielleicht
nicht jeden, mancher könnte sich darin bestätigt, andere verletzt
fühlen. Es ist MEINE Meinung. Die möchte ich zwar gerne kundtun,
aber auch niemandem aufzwingen. Außerdem möchte ich weder mir noch
anderen Schaden zufügen. Wir können alles sagen – aber wir müssen
nicht. Auch das ist Freiheit. Und wenn die Emotionen so hochschlagen,
ist es manchmal besser, einfach ein bisschen länger nachzudenken,
sich zurückzunehmen und nicht einfach irgendetwas rauszuhauen, nur
weil man das gerade gut findet.
Es ist alles ein
bisschen schwierig und das ermüdet mich... vielleicht gehe ich
einfach schlafen und träume vom „schönen Platz der fetten Rinder“
;-)